Tina Teucher ist Keynote-Speakerin, Autorin und Expertin für nachhaltiges Wirtschaften. Anja Ludwig sprach mit ihr über ihre Motivation, über Vorurteile gegenüber Nachhaltigkeitstthemen und darüber, wie Unternehmen ihre Mitarbeitende erfolgreich in Nachhaltigkeitsentwicklungen einbeziehen können.
Tina, wie hat das eigentlich angefangen, deine besondere Leidenschaft für das Thema Nachhaltigkeit? Gab es da einen Schlüsselmoment?
Zwei Kontrasterlebnisse prägten mich: Einerseits viele Sommer im Wald und an Seen, mit Vogelgesang aufwachen, mit Froschquaken einschlafen, dazwischen auf Bäume klettern und ins Wasser tauchen. Andererseits ein kalter, trüber November-Wintertag: Wir schauten als Familie „Wetten, dass?“ im Fernsehen und ein mir nicht bekannter Popstar sang erstmals seinen „Earth Song“. Michael Jackson schrie gegen die ganze Ungerechtigkeit der Welt: „What have we done to the world“ und ich verstand kein Englisch, aber sehr wohl, dass er da über meine graue, triste Zukunft singt. Von da an wollte ich diese Aussichten verändern. Wenn man heute das Video dieses Auftritts bei Youtube sucht, kann man noch Gänsehaut kriegen, und einer hat sehr passend drunter gepostet: „Manchmal glaube ich, nur die, die damals Kinder waren haben verstanden was uns Michael Jackson sagen wollte.“ Für die meisten blieb dieser Moment eine nette Anekdote der Pop-Geschichte mit 17,99 Millionen Fernsehzuschauern.
Nachhaltigkeit ist ja ein zurzeit sehr strapazierter Begriff, ich habe den Eindruck, jeder versteht etwas anderes darunter und gerade die damit für Unternehmen verbundenen bürokratischen Mehraufwände werden als sehr lästig empfunden und führen teilweise dazu, dass das ganze Thema infrage gestellt wird. Wie begegnest du diesen Vorbehalten?
Der Begriff war schon ausgelutscht, als ich 2009 bzw. 2012 mein Buch über die Diskursgeschichte zu Nachhaltigkeit veröffentlichte. Dem kann man nur begegnen, indem man es selbst mit Leben und konkreten Beispielen füllt. Genau das mache ich in meiner Arbeit mit Unternehmen und in Vorträgen: Von inspirierenden Beispielen erzählen, konkrete Strategien erarbeiten, erfolgsversprechende Maßnahmen anpacken. Denn genau wie du es sagst, es geht darum, in welchen Rahmen wir unser Bild von Nachhaltigkeit setzen: „Lästigen Mehraufwand abarbeiten“ oder „Lust am gute Zukunft Mitgestalten“?
Hast du Empfehlungen, wie mittelständische Unternehmen ihre Mitarbeitenden in Nachhaltigkeitsfragen animieren können, ihren Beitrag zu leisten?
Meine Erfahrung ist: Die meisten Mitarbeitenden müssen nicht „motiviert“ werden, sie haben das Interesse für eine lebenswerte Zukunft schon ganz natürlich in sich. Aber ihre Führungskräfte können ihnen die nötigen Freiräume und Anreize geben, um ihren Beitrag zu leisten bzw. ihre Ideen herauszukitzeln. Je nach Unternehmen und Branche passen dafür unterschiedliche Maßnahmen, wie etwa Nachhaltigkeitsideen-Briefkasten, Wettbewerbe, Gewinnspiele, Mitarbeiter-Pflanzaktionen, freie Tage für Corporate Volunteering, Berichte über Nachhaltigkeitsmaßnahmen in der Mitarbeitendenzeitschrift… es sollte nur immer in eine erkennbare Strategie eingebettet sein – und eben keine Eintagsfliege!