Seit Herbst 2021 ist Andreas Eichinger Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Möbelspedition und Logistik e.V. (AMÖ). Der Verband vertritt die Interessen seiner Mitgliedsunternehmen, die auf den Gebieten Umzug, Handelsmöbellogistik, EDV- und Kunstspedition tätig sind.
Für unseren Newsletter hat Anja Ludwig, Leiterin des Kompetenzzentrums Straßenverkehrsgewerbe und Logistik, mit Andreas Eichinger über aktuelle und zukünftige Herausforderungen der Branche und seinen persönlichen Blick darauf gesprochen.
Andreas, die Corona-Pandemie, der Krieg gegen die Ukraine, Inflation – wir leben in sehr herausfordernden Zeiten. Wie geht es deiner Branche?
Anja, um diese Frage qualifiziert zu beantworten, muss ich zunächst differenzieren. Wir vertreten als AMÖ eine Gruppe sehr diverser Unternehmen, die wiederum einiges eint. Historisch betrachtet haben die meisten Mitgliedsunternehmen ihre Wurzeln in der Umzugslogistik. Viele haben ihr Geschäftsmodell weiterentwickelt und bedienen heute sehr unterschiedliche Segmente. Dass die AMÖ-Spediteure auch in der Lagerei oder Selfstorage tätig sind, ist sicher nachzuvollziehen, aber Themen wie Krankenhauslogistik oder Betriebsverlagerungen inklusive kompletter Fertigungsstraßen sind etwas ganz anderes. Was alle AMÖ-Spediteure eint, ist dass sie inhabergeführte Unternehmen sind, die mit dem anspruchsvollen Gut ihrer Kunden sehr, sehr sorgsam umgehen. So divers wie die Unternehmen sind, so divers ist auch das Bild in der Branche. Ganz generell lässt sich sagen, dass es den Unternehmen, die auf nur ein Pferd setzen, in Phasen wie diesen oft schlechter geht als denen, die mehrere Pferde im Rennen haben.
Du bist jetzt seit fast anderthalb Jahren Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Möbelspedition und Logistik (AMÖ). Wie hat sich in dieser Zeit dein Blick auf diese Branche verändert?
Als ich Hauptgeschäftsführer der AMÖ wurde, habe ich schnell gemerkt, wie leistungsstark die Branche ist. Und das trotz aller Herausforderungen! Aber mir fiel auch schnell auf, dass logistische Leistungen Leistungen sind, die wir alle als gegeben hinnehmen. Wer hat denn schon ein Bewusstsein dafür, wie die lebenswichtigen Blutbahnen des Organismus funktionieren? Und genau das sind wir als Logistikwirtschaft: Die Blutbahnen des Organismus.
Ich denke auch, dass wir Themen, die uns beschäftigen, viel differenzierter besprechen sollten. Und uns auch immer Gedanken dazu machen sollten, wem die vorgeschlagenen Lösungen nutzen und welche möglichen Konsequenzen sie haben. Ein einfaches Beispiel: Wenn Städte in die Mitte von Parktaschen, in die zuvor drei Pkw passten, einen Baum pflanzen, dann muss eben auch darüber gesprochen werden, dass dort dann kein Lkw mehr parken kann. Auch nicht, wenn die alte Dame aus der Altbauwohnung im fünften Stock ohne Aufzug in eine altersgerechtere Bleibe umziehen möchte. Sie muss dann im Zweifelsfall für die Mehrkosten aufkommen, die bei langen Abtragewegen zu ganz woanders parkenden Lkw entstehen. Wollen wir das wirklich? Auch solche Argumente müssen wir in den öffentlichen Diskurs einbringen und auch darüber müssen wir sprechen können, ohne gleich in eine bestimmte Ecke gestellt zu werden.
Was sind die größten Herausforderungen der nächsten Zeit für deine Mitglieder und für die AMÖ selbst?
Wie die AMÖ selbst befindet sich aus meiner Sicht auch die gesamte Logistikwirtschaft in einem gigantischen Transformationsprozess. Und es ist ja nicht nur das Thema Klimaneutralität, was die Branche beschäftigt, sondern viele weitere Themen. Wie versorgen wir zukünftig Städte? Und ich meine nicht mit kleinteiligen Sendungen wie Paketen, sondern mit neuen CTs oder MRTs. Wie kann es uns als Branche gelingen, die bestehenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu halten, und wie gelingt es, neue zu gewinnen? Wie gelingt es, der Gesellschaft insgesamt zu zeigen, wie wichtig und wie attraktiv wir als Branche sind? Ja, die Zeiten und das Umfeld sind herausfordernd. Ich glaube aber auch, dass dort, wo Veränderungen stattfinden, immer auch Potentiale und Chancen liegen. Wir müssen sie nur identifizieren und dann auch nutzen. Ich habe Lust auf Veränderung.
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