Im Gespräch mit Anja Ludwig gibt Thorsten Fromm, Mitglied im Präsidium der Deutschen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft e.V. (DVWG), Einblicke in die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen der Mobilitätsbranche. Von der Rolle der Elektromobilität und Digitalisierung über den Umgang mit dem Fachkräftemangel bis hin zu den Auswirkungen des Städtebaus auf die Logistik – Fromm beleuchtet, wie technologische und gesellschaftliche Entwicklungen die Mobilität von morgen prägen.
Womit beschäftigt sich die Deutsche Verkehrswissenschaftliche Gesellschaft e.V. ( DVWG) und welche Ziele verfolgt sie?

Die DVWG beschäftigt sich mit den großen Fragen der Mobilität und das aus einer ganzheitlichen Perspektive. Wir sind davon überzeugt, dass alle Verkehrsträger eng zusammenarbeiten müssen, weil sie alle Teil desselben Mobilitätsystems sind. Auch Politik und Wissenschaft prägen dieses Mobilitätssystem. Mit dem Deutschen Mobilitätskongress haben wir deshalb die zentrale Plattform geschaffen, auf der sich Experten aus all diesen Bereichen begegnen, um gemeinsam darüber zu sprechen, wie die Mobilität von morgen aussehen soll.
Die Unternehmen in Logistik und Mobilität unterliegen großem Veränderungsdruck, ich denke da insbesondere an Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Welche Technologien sehen Sie als entscheidend für die Unternehmen in den nächsten fünf Jahren, um wettbewerbsfähig zu sein?
Die Technologiefrage ist einer unser Kongress-Schwerpunkte. Am Thema Elektromobilität wird niemand im Mobilitätsbereich in den kommenden Jahren vorbeikommen – und das nicht nur im ÖPNV und Individualverkehr, sondern auch in der Logistik. Das bilden wir auch in unserem Programm ab. Gleichzeitig blicken wir auch über den Tellerrand hinaus, denn Mobilität ist weit mehr als nur Technologie! Wenn es darum geht, im Markt zu bestehen und Mobilität nachhaltig zu gestalten, müssen wir auch über die Rahmenbedingungen und Auswirkungen von Megatrends wie Digitalisierung und Fachkräftemangel sprechen und das tun wir auf dem Kongress. Was heißt es beispielsweise für die Luftfracht, wenn Onlineriesen wie Amazon und Co. eigene Flugzeugflotten einsetzen? Und ganz lokal vor Ort: Wie beeinflusst der Städtebau die Logistik auf der letzten Meile – was braucht es für eine lebenswerte Stadt, die mit einer nachhaltigen Logistik einhergeht? Sie merken bereits an den Themen: Technologien allein machen keine Mobilität. Sie entscheiden auch nicht darüber, wie ein Unternehmen im Wettbewerb besteht. Viel entscheidender sind die Menschen in den Unternehmen und wie sie damit umgehen, dass es immer weniger Fachkräfte gibt, der Druck durch die Klimakrise immer größer wird und gleichzeitig das Bedürfnis nach Mobilität und internationalen Warenströmen stetig steigt.
Am 5. November verleiht die DVWG zum vierten Mal den Innovationspreis der deutschen Mobilitätswirtschaft. Welche Kriterien sind besonders ausschlaggebend, innovative Projekte oder Unternehmen auszuwählen, und gibt es ein Beispiel, wie eine preisgekrönte Innovation nachhaltige Veränderungen in der Mobilität von Menschen oder Gütern bewirkt hat?
Die 15-köpfige Jury versammelt Expertinnen und Experten aus allen Bereichen der Mobilität, die intensiv über die Einreichungen diskutieren. Dabei berücksichtigen sie unter anderem, wie einzigartig die Idee hinter der Innovation ist, wie groß die Herausforderung, die das Projekt angeht und auch, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass sich die Innovation langfristig etabliert und so die Mobilitätsbranche verändert. Das Rennen ist in diesem Jahr unglaublich eng, deswegen sind auch vier statt der üblichen drei Finalisten zu Verleihung in die Frankfurter Paulskirche eingeladen. Unter den Nominierten sind auch zwei Unternehmen aus der Logistik: Zum einen Cargobeamer AG, die in ihren Terminals in nur 20 Minuten einen ganzen Güterzug beladen kann, indem sie die Umladung automatisiert und bis zu 72 Auflieger gleichzeitig auf den Zug hebt. Das ist um ein Vielfaches schneller als klassische Umladeverfahren im kombinierten Verkehr. Auch im Finale ist die Reederei Scandlines Deutschland GmbH, die ihre Fähren auf der Vogelfluglinie auf einen innovativen Plug-In-Batteriebetrieb umrüstet – und diese megawattgroßen Akkus an den Häfen in weniger als einer Viertelstunde soweit aufladen kann, dass es für die nächste Überfahrt reicht. Was für Energiemengen da in kürzester Zeit übertragen werden, ist schon beeindruckend. Und auch die anderen beiden Finalisten – ein Projekt aus dem Bereich ÖPNV und eines aus der E-Auto-Ladeinfrastruktur – haben definitiv das Potenzial, die Mobilität von morgen mitzugestalten. Wer am Ende den Innovationspreis mit nach Hause nehmen darf, verkündet die Jury am Abend der Preisverleihung in der Frankfurter Paulskirche. Wir sind schon sehr gespannt!
Weiterführende Informationen
Weitere Informationen und Tickets zum Deutschen Mobilitätskongress finden Sie hier: https://deutscher-mobilitaetskongress.de/
Alles wichtige zum Innovationspreis der Deutschen Mobilitätswirtschaft finden Sie hier: https://innovationspreis-mobilitaet.de/

Deutsche Verkehrswissenschaftliche Gesellschaft e.V.
Die Deutsche Verkehrswissenschaftliche Gesellschaft e.V. (DVWG) ist ein Netzwerk von etwa 1.800 Einzel- und körperschaftlichen Mitgliedern, das sich mit den vielfältigen Herausforderungen und Fragen der Mobilität beschäftigt. Die Gesellschaft fördert den Austausch zwischen verschiedenen Akteuren im Verkehrswesen und der Logistik auf nationaler und internationaler Ebene. Ihre Struktur umfasst Bezirksvereinigungen, die sich auf regionale Verkehrsprobleme konzentrieren, sowie eine Bundesdelegiertenversammlung und ein Präsidium, die die strategischen Ziele und die Organisation der DVWG leiten. Die Bundesdelegiertenversammlung trifft sich mindestens zweimal jährlich, um wichtige Entscheidungen zu treffen und die Mitglieder des Präsidiums zu wählen. Durch die Zusammenarbeit mit Politik, Wissenschaft und Unternehmen strebt die DVWG an, die Mobilität von morgen aktiv mitzugestalten.