Wie sich die erweiterten EU-Sanktionen auf die Zusammenarbeit mit Frachtführern auswirken
Mit der EU-Verordnung 2024 / 1745 vom 24.06.2024 wurden EU Sanktionen gegen Russland erweitert. Eine der Erweiterungen ist für Spediteure und Frachtführer wieder relevant und erfordert deren Aufmerksamkeit in erhöhtem Maße.
Die Änderung betrifft Artikel 31 der EU-Verordnung 833/2014.
In Artikel 31 werden die folgenden Absätze eingefügt:
„(1b) In der Union niedergelassenen juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die sich zu mindestens 25 % im Eigentum einer russischen natürlichen oder juristischen Person, Organisation oder Einrichtung befinden, ist es verboten, ein Kraftverkehrsunternehmen zu werden, das im Gebiet der Union Güter auf der Straße, einschließlich zu Zwecken der Durchfuhr, befördert.
(1c) Ab dem 26. Juli 2024 ist es in der Union niedergelassenen Kraftverkehrsunternehmen, die sich zu mindestens 25 % im Eigentum einer russischen natürlichen oder juristischen Person, Organisation oder Einrichtung befinden, verboten, im Gebiet der Union Güter auf der Straße, einschließlich zu Zwecken der Durchfuhr, zu befördern.
(1d) In der Union niedergelassene Kraftverkehrsunternehmen, übermitteln der nationalen zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, in dem sie niedergelassen sind auf Aufforderung dieser Behörde Informationen über ihre Eigentumsstruktur.
(2a) Die Absätze 1b und 1c gelten nicht für in der Union niedergelassene Kraftverkehrsunternehmen, die sich zu mindestens 25 % im Eigentum russischer Staatsangehöriger befinden, die auch Staatsangehörige eines Mitgliedstaats sind.“
Bei Betrachtung dieser neuen Sanktionsregelung stellt sich die Frage, ob derjenige Spediteur oder Frachtführer, der ein Kraftverkehrsunter-nehmen beauftragt, verpflichtet ist die Eigentumsverhältnisse des Beauftragten zu prüfen?
Unter dem Gesichtspunkt der „(sorgfältigen) Auswahl ausführender Unternehmer“ - § 454 Abs. 1Nr. 2 Handelsgesetzbuch – könnte angenommen werden, dass der beauftragende Spediteur / Frachtführer verpflichtet ist, zu prüfen, ob der beauftragte Frachtführer ein „verbotenes Kraftverkehrsunternehmen“ im Sinne dieser Sanktionsregel ist. Der Bogen wird aber überspannt, wenn vom beauftragten Unternehmer verlangt wird, die Eigentumsverhältnisse darzulegen oder der Beauftragende selbst Handelsregisterauszüge besorgen muss oder der Frage einer doppelten Staatsbürgerschaft – Artikel 31 (2c) - nachzugehen. Das ist im schnelllebigen Tagesgeschäft im Verkehrsgewerbe auch kaum darstellbar.
Dem widerspricht auch die Regelung in Artikel 31 (1d), wonach die Behörde die Eigentumsstruktur prüfen und dann ggf. ein Verbot aussprechen und die Lizenz entziehen muss. Solange der beauftragte Unternehmer im Besitz einer gültigen Lizenz ist, darf sich der beauftragende Spediteur / Frachtführer auf diesen „Anschein“ verlassen, wobei er negative Indizien nicht ignorieren darf. Eine aktive Nachforschungspflicht ist hingegen nicht anzunehmen.
Interessant ist auch die weitere Überlegung, ob der beauftragende Spediteur / Frachtführer dann selbst einen Sanktionsverstoß begeht, wenn er doch mal ein sanktionswürdiges Kraftverkehrsunternehmen beauftragt? Diese Frage mag ggf. mit den Haftungsbeschränkungen in der Embargovorschrift zu beantworten sein. Danach ist zumindest dann, wenn der beauftragende Spediteur / Frachtführer nicht wusste oder keinen vernünftigen Grund zu der Annahme hatte, dass er mit der Beauftragung eines verbotenen Unternehmers gegen die Maßnahmen dieser Verordnung verstößt, keine Haftung gegeben bzw. es kann kein Bußgeld o.ä. verordnet werden.
Dennoch sollten Spediteure und Frachtführer Vorsicht walten lassen, auch im Hinblick auf Sanktionsregeln in ihren Versicherungsverträgen.