Uta Alborn leitet seit mehr als 30 Jahren zusammen mit ihrem Mann Helmut Alborn das traditionsreiche Familienunternehmen August Alborn GmbH & Co. KG. Darüber hinaus setzt sie sich für den Nachwuchs in der Transport- und Logistikbranche sowie für die Aktion Kinder-Unfallhilfe e.V. ein.
Du kümmerst dich sehr intensiv um junge Menschen und versuchst, diese für einen Job in der Logistik zu begeistern. Wie machst du das konkret?
Als erstes wäre zu definieren, was verstehen die meisten Menschen eigentlich unter „Logistik“?
Je nachdem, wem wir die Frage stellen, bekommen wir die unterschiedlichsten Antworten wie z.B. Transport, LKW-Fahrer, Stapler fahren, LKW-Staus, Lagerung, Beschaffung und Verteilung, Planung, Durchführung und Kontrolle von LKW-Touren, Waren und Abläufen.
Gehen wir dann auf Berufe ein, ist überwiegend nicht bekannt, welche Vielfalt und Möglichkeiten die Logistik bietet. Dabei gibt es viele spannende Berufe in diesem Bereich. Angefangen mit dem Berufskraftfahrer/in, Fachkraft für Fahrbetrieb (z.B. Omnibus, Straßenbahn), Fachkraft für Lagerlogistik, Kaufmann/-frau für Speditions- und Logistikdienstleistungen. Auch der Binnenschiffer/in und Lokführer/in gehört dazu.
Ich kümmere mich im Speziellen darum, jungen Menschen die Tätigkeit des Berufskraftfahrer/in näherzubringen. Denn in der Regel ist es nicht einmal bekannt, dass dies ein Ausbildungsberuf ist. Dazu nutze ich in Dortmund mehrere Netzwerke.
„Ausbildung im Quartier“ – für uns das erfolgreichste Projekt der letzten fünf Jahre. Jugendlichen von neun Haupt- und Gesamtschulen in Dortmund, in denen jeweils ein Betriebsakquisiteur/in täglich vor Ort ist, werden in ihrem „Quartier“ bzw. Stadtviertel mit Unternehmen zusammen die vielfältigen Möglichkeiten der dualen Ausbildung ab der Klasse acht aufgezeigt. Dazu gehören Bewerbungstrainings, Unternehmenserkundungen, gemeinsame Projektarbeiten in der Schule mit den Jugendlichen, Schul- und Ferienpraktika, stadtteilbezogene Ausbildungsmessen wie „KarriereKompass“.
Wir sind mit der Martin-Luther-King-Gesamtschule in Dortmund-Dorstfeld, die nur einen Kilometer von uns entfernt liegt, seit Jahren in dieser Kooperation verbunden. Unser Schwerpunkt liegt hier auf dem Ausbildungsberuf Berufskraftfahrer/in. Die Jugendlichen sind zwei bis dreimal im Jahr zu Unternehmenserkundungen mit ihren Lehrkräften und den Schulhunden, die nicht fehlen dürfen, bei uns im Betrieb. Dazu gehören auch immer unsere Auszubildenden, die vor Ort am LKW und Anhänger ihre Arbeit vorstellen und Fragen beantworten. Zwei unserer derzeit drei Auszubildenden kommen von dieser Schule. Der dritte Auszubildende beginnt im August seine Berufskraftfahrerausbildung. Dazu kommen die jährlichen Schulpraktika ab Klasse acht, die bei uns absolviert werden können. Und die Möglichkeit, jederzeit Informationen zum Berufskraftfahrer/in bei einem persönlichen Gespräch außerhalb dieser Maßnahmen zu erhalten. Dazu gehört auch der intensive persönlich Kontakt zu den jeweiligen Betriebsakquisiteuren unserer Schule.
„Ausbildung im Quartier“ ist ein Gemeinschaftsprojekt der Wirtschaftsförderung und des Regionalen Bildungsbüro, Fachbereich Schule der Stadt Dortmund und angeschlossenen Unternehmen.
Das neuste Projekt der Schule ist die Zukunftswerkstatt. Hier wird es Projektarbeiten, -kurse, -veranstaltungen zu Berufen geben. Als Idee steht schon, den Transport mit der Industrie zu verbinden. Der Industriemechaniker, der Transformatoren repariert, und wir, die diese dann transportieren.
Als Unternehmen gehören wir ebenso der Initiative der IHK zu Dortmund „industry@work“, einem Zusammenschluss von Unternehmen, an. Es geht darum, die Industrie mit ihren angrenzenden Bereichen, wie dem Transport, bekannter zu machen. Darüber hinaus, das Interesse an einer Ausbildung und ihren vielen Weiterbildungsmöglichkeiten und Aufstiegschancen aufzuzeigen. Die Auszubildenden haben dieses Jahr die Möglichkeit, bei Azubi-Videowettbewerb unter dem Motto "Ausbildung mit Leidenschaft - Erstelle ein Video, das die Menschen zeigt, die euch in euren Unternehmen fördern", wieder Preise zu erlangen. Jedes Jahr gibt es ein neues Thema und eine andere Art des Wettbewerbs, z.B. als Foto, Präsentation oder Video.
Zum anderen sind unsere bereits in Ausbildung befindlichen jungen Menschen als Ausbildungsbotschafter der IHK in ihrem Beruf als Berufskraftfahrer in Schulen unterwegs.
Darüber hinaus engagieren wir uns in einem weiteren Netzwerk aus dem Fachbereich der Stadt Dortmund, „dortmund@work“. Hier können sich Schüler/innen nicht nur über Unternehmen informieren, sondern sich z.B. für ein Schulpraktikum mit einer Mail bei bis zu fünf Unternehmen bewerben.
Weitere Aktivitäten im BGL Bildungsausschuss und der IHK Prüfungsausschuss für den IHK geprüften Automobilkranführer, im Netzwerk TK-Ausbilder/Innen gehören für mich ebenfalls dazu. Auch Netzwerktreffen der IHKen und überregionaler Organisationen.
Alle Netzwerke, lokale wie überregionale, treffen sich in unterschiedlicher Intensität persönlich, hybrid oder online. Im gegenseitigen Austausch können die teilnehmenden Unternehmen immer wieder neue, zum Teil sicher auch mal ungewöhnliche Möglichkeiten, von Mitstreitern für die duale Ausbildung mitnehmen und selbst umsetzen.
Für mich in der dualen Ausbildung sind solche Netzwerke unverzichtbar in meiner täglichen Arbeit.
Du bist eine der engagiertesten Frauen in der Transportbranche, ob im eigenen Unternehmen, im Verband, IHK, Kinder-Unfallhilfe oder Unternehmerinnennetzwerk - überall dort trittst du für die Interessen der Branche ein. Was treibt dich an?
Der Wunsch nach Weiterentwicklung, Veränderung und ganz besonders mehr Verständnis für unsere Transportbranche, hier ganz wichtig unsere Fahrer/innen.
Die Freude, etwas zu bewegen - wie z.B. mit einem meiner Lieblingsthemen „LKW- Toter Winkel – siehst du den LKW-Fahrer?“. Verkehrserziehung mit und am LKW nicht nur für unsere Jüngsten, sondern auch für Jugendliche und Heranwachsende. Mit der Aktion Kinder-Unfallhilfe und Edgar Eden zusammen waren wir in diesem Jahr an der Deutschen Schule der Nato in Belgien.
Dazu gehört auch, die Transportbranche bewusster in die Köpfe der Menschen zu bringen, dass wir nicht nur die „Staubringer“ sind, sondern dass ohne unseren täglichen Einsatz unser normales Leben wie es ist, nicht möglich wäre. Jeder sollte jetzt einmal an sein Frühstücksgetränk denken: Wo kommt was her und wie kommt es zu mir?
Ich bin mit und im Ehrenamt groß geworden und es ist für mich selbstverständlich, mich zu engagieren. Heutzutage habe ich den Eindruck, dass in der Mehrzahl immer nur geschimpft oder gemeckert wird, ohne dass man bereit ist, sich zu engagieren, um Veränderungen, egal wie klein sie erscheinen mögen, zu bewirken.
Ich sage „Meckerst du – engagiere dich! Willst du dich nicht engagieren – dann meckere nicht!“
Anderen Menschen ein Vorbild zu sein und sie damit zu animieren, sich ebenfalls im Ehrenamt einzusetzen.
Wenn du auf euer Kerngeschäft schaust: Wie ist es um die Schwer- und Spezialtransporte bestellt – wann geht es hier endlich mit weniger Bürokratie schneller voran?
Leider habe ich keine Glaskugel, die mir das sagt. Persönlich – Bürokratieabbau in diesem Bereich – das wird noch lange nix.
Eine einfache Änderung, meiner Meinung, wäre es, bei der Genehmigung nach § 70 bei Neufahrzeugen (Deckblattverfahren), reicht es wenn der RP (Regierungspräsidium) den „OK-Stempel“ dort setzt, wo eingereicht wird, und wir nicht bis zu drei Monate warten müssten, bis alle RP’s ihren Stempel gesetzt haben. Fahrzeuge werden nach DIN-Normen und Richtlinien gebaut, sind TÜV abgenommen, es kann gar keine Ablehnung geben, wenn der Hersteller sie an den Kunden ausliefert. Erst wenn diese Genehmigung da ist, darf ich die Straßenzulassung (Nummernschild) beantragen und wenn ich diese dann habe, dann kann ich die Dauer- oder Einzelgenehmigung beantragen. Hier geht zu viel Zeit verloren, bis ein neues Fahrzeug eingesetzt werden kann. Da lassen sich Verfahren sicher vereinfachen bzw. parallel abwickeln.
Genehmigungen werden immer aufwendiger, was mit unserer maroden Straßeninfrastruktur zu tun hat. Und wenn ich jetzt lese, dass die Autobahn GmbH wegen fehlendem Haushalt keine neuen Projekte ausschreiben kann, wird sich die Sanierung der Straßen und Autobahnen noch weiter verzögern, was weitere massive Auswirkungen auf die Genehmigungen haben wird.
